Full circle - erste eigene Platte
Irgendwann kommt der Zeitpunkt, da entwickelt man so langsam einen eigenen Geschmack und interessiert sich für andere Musik als die Eltern. Bei mir war es eine langsame stetige Entwicklung über das Radio hinweg. Und ich landete irgendwann bei einem Sound, der recht anders war als das, was im Elternhaus lief.
Bei vielen Biographien liest man von Sachen wie Elvis, Hendrix, Beatles, Sabbath oder sonst coolere Dinge.
Bei mir war es Depeche Mode... Und zwar "Love in itself".
Irgendwie hat mich dieser Sound total getriggert und fasziniert - Synthesizer, aber irgendwie klang es anders als das was ich sonst im Radio hörte. Eine andere Art diesen Sound im Hörspektrum zu platzieren, die Kompositionen teils eher an Rockriffs erinnernd und... naja, ich war 13.
Also fuhr ich eines Tages mit meinem Fahrrad und bestem Freund 15km durch die Landschaft zum nächsten Laden der Platten verkauft und habe mir dort die "Construction time again" gekauft. Ich hatte zwar noch keinen Plattenspieler, aber ich konnte bei einem anderen Freund die Platte auf Kassette überspielen. Ach die Nostalgie.
Von da an war ich einige Jahre der Band sehr verbunden, ohne das typische "Fan-sein" mit Postern und so. Aber ich habe alle Platten gekauft und verschlungen bis zur 1987'er "Music for the masses". Danach flaute meine Begeisterung ab, weg von Synth-Zeug, hin zu Gitarrenmucke. Aber dazu später mehr. Viel mehr.
Was mich am meisten vermutlich an DM faszinierte war, wie Alan Wilder den Sound prägte. Die Kompositionen von Martin Gore und der Bariton in Dave Gahans Stimme waren zwar auch auf der Vorgänger-Platte "A broken frame" fesselnd, aber erst Alan Wilder konnte diese zwei Faktoren in einen Sound integrieren, der zugleich komplex und differenziert war. Die einzelnen Klänge sind schön sauber und geschmackvoll getrennt und gewählt und kombinieren sich zusammen perfekt. Stellen mit transparenter Klarheit und nur 1-2 kleinen Effekten wechseln sich ab mit kleinen Soundgewittern, die nie bis selten in Kuddelmuddel abgleiten. Das hat mich immer fasziniert, zusammen mit der für mich richtigen Prise Melancholie.
"Construction time again" war eine echt starke Platte mit meinen persönlichen Highlights "Love, in itself" und vor allem "Pipeline", wo auf grandiose Weise Sound und Musik verschmelzen, wo der Sound auch einen echt essentiellen Teil der Musik darstellt und vor allem auch sehr plastisch wirkt, wie ein Bild im Ohr.
Dann, für mich die Platte schlechthin (nicht nur aus Nostalgie) - "Some great reward". Der Sound, mit dem DM in die nächsten Jahre marschieren würde, und der untrennbar mit den 80ern verbunden ist. Das Cover mit der Fabrik trifft exakt den Sound der Platte. Hart und roh, aber auch sensibel genug mit einem weichen Kern aus Karamel ;)
Zwar wurden die Singles "People are people" mit seinem charakterischen "BÄNG" und vor allem das damals kontroverse "Master and servant" in den Fokus gerückt, aber die aus meiner Sicht wahren Highlights waren andere.
"Blasphemous Rumours" ist für mich immer noch ein unglaublicher Song.
Auch wieder mit viel plastischem Klang und Effekten, aber es ist nicht einfach nur ein Effekt-Feuerwerk oder Sample-Orgie, es ist ein homogener Song aus einem Guß. Wahnsinn aus meiner Sicht und ich höre den Song heute immer noch saugern. Auch wenn der Refrain an Intensität hinter dem Rest des Songs hinterherhinkt (was generell, ermm, suboptimal ist). Auch seht angetan hat es mir "Lie to me", wenngleich ich hier nicht genau sagen kann, was es ist. Aber der Gesamteindruck zählt hier irgendwo, und es geht ja nicht darum zu analysieren, sondern einfach zu erzählen was war.
Die "Black Celebration" von 1986 machte mir damals ein wenig Angst ehrlich gesagt, weil ich in meiner persönlichen Orientierungs-Phase immer stärker in christliche Kreise abrutschte. Das tat weder mir noch denen gut, aber es ist eben so gewesen... Nun denn - rein musikalisch war es ein konsequenter Schritt für DM und rein vom Hören hat mich das Album auch ziemlich "gehooked". Düsterer, aber auch irgendwie gelassener, zielstrebiger und weiter auf einem Weg gehend. Auch dieses Album hat mich mit geprägt in meinem Stilempfinden, was die eher synthetischen Klänge betrifft.
Meine persönlichen Highlights hier waren "A question of time"
und "World full of nothing"
Eines treibend, eines relaxed. Beide schön. Auch die in diese Zeit (grob) fallende Single "It's called a heart" hatte einiges für sich.
1987 brachte dann schließlich mit "Music for the masses" das letzte Album, das ich mir gleich kaufte. Und auch dieses hat mich lange, lange gefesselt. Auch hier war aus meiner Sicht eine Weiterentwicklung zu hören, der ich folgen wollte. Glatter in der Produktion und im Hörempfinden, mit einer klaren kommerziellen Single, aber auch schrägere Dinge auf der Platte, die einen wieder ein wenig kitzeln konnten.
Meine Highlights hier: "The things you said", einfach nur wunderschön gemacht, wie es ruhig und unaufgeregt vor sich hinströmt. Der Sound strahlt eine kühle Wärme aus, man kann sich wie in ein Bett reinlegen.
Und dann "Behind the wheel", eher treibend, aber auch minimalistisch und interessanter Einsatz von Melodieverlauf kontra Harmonieverlauf.
Dann war für mich Schluß mit Depeche Mode da die nächste Platte, "Violator", erst 1990 kam und ich mich in dieser Zeit (ab ca. 1988) weg von der Synthesizer-Mucke und hin zu Stromgitarren entwickelte. Und somit schließt sich dieses Kapitel in der Chronologie.
Fazit: Einer der Bands, die mich mit am meisten geprägt haben, vor allem eben in der Zeit von 1983 - 1987, also im Alter von 13 bis 17 Jahren, die ja für die ganze Person nicht unerheblich sind. Nach wie vor höre ich sie gerne und das nicht nur aus nostalgischen Gründen, sondern weil ich deren Sachen immer noch heute gerne höre und mag. Auch deren neue Dinge habe ich nach und nach entdeckt, aber je weiter sie sich entwickelt haben, desto mehr ist ein intuitives "Toll!" einem eher akademischen "Respekt" gewichen.
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